Walter_Locher

Ein guter Arzt?

Aus der Perspektive eines Hausarztes mit langjähriger Praxistätigkeit erläuterte Walter Locher am Age Plus-Symposium vom 11. Juni 2024 Kriterien für einen «guten Arzt» im Kontext von Alter und Behinderung.

Autor

Walter Locher

Hausarzt

26.02.2025

Ein guter Arzt?

Anhand von zwei persönlich erlebten Beispielen aus der Praxis, die mich besonders bewegt haben, versuche ich, einige Kernbotschaften herauszufiltern. Ich frage mich auch, wo aktuell in der Denkweise und Ausbildung diesbezüglich Lücken bestehen.

Folgende Problemkreise stellen sich in den Vordergrund:

  • Der medizinische Gesichtspunkt ist einer unter mehreren in der aktuellen Lebenssituation des Patienten.
  • Die Prioritäten des Patienten können völlig verschieden sein von den Prioritäten aus medizinischer Sicht, besonders auch im Alter. Sind wir Ärzte darauf vorbereitet und wie gehen wir damit um, unter Umständen entgegen der naturwissenschaftlichen, universitären Lehrmeinung behandeln zu müssen?
  • Geben wir uns genug Mühe und gelingt es uns, die aktuelle Lebenssituation des Patienten, seine Werte und Zielvorstellungen zu erkennen und in Entscheidungen zu berücksichtigen?
  • Eine beeinträchtigte Kommunikation durch Behinderung und Alter birgt die Gefahr von vorschnellen Fehleinschätzungen von Lebenssituation und Zielen des Patienten und von Unterschätzung der Patientenressourcen, besonders unter Zeitdruck.
  • Die Einschätzung der Urteilsfähigkeit bezogen auf die aktuelle Gesundheitsproblematik kann sehr schwierig sein. Persönlichkeitsstörungen und psychische Erkrankungen können die Einschätzung massiv beeinflussen. Vor ernsthaften therapeutischen Entscheidungen muss eventuell eine erweiterte externe Abklärung erwogen werden, sofern Zeit dazu zur Verfügung steht.

 

Das braucht es idealerweise für einen „guten Arzt“: 

  • Medizinisches Fachwissen
  • Interesse, neben der akuten medizinischen Situation auch die aktuelle Lebenssituation, die Wertvorstellungen und die Ziele des Patienten zu erfassen und in Entscheidungen zu berücksichtigen.

Dafür ist wichtig:

  • Empathie
  • Zeit zur Verfügung stellen (z.B. hinsichtlich Konflikten mit Kosten, «Wirtschaftlichkeit», Tarifsystem)
  • Bereitschaft, Örtlichkeit der Konsultation behinderungs- und altersgerecht zu optimieren und allfällige Vertrauenspersonen mit einzubeziehen.
  • Die Bereitschaft, die eigene Kommunikationskompetenz im Umgang mit Behinderung und Alter zu verbessern.

Wo stehen wir heute themenbezogen in der Ausbildung?

  • Universitär
  • In den Spitälern

  Was wird dort aktuell vorgelebt?

  


 

Ein guter Patient – eine gute Patientin?

  • Orientieren Sie die behandelnden Stellen bei der Anmeldung über Ihre speziellen behinderungs- und altersbedingten Bedürfnisse.
  • Geben Sie uns eine Chance, darauf Rücksicht zu nehmen!
  • Bringen Sie gerne eine Person Ihres Vertrauens mit.